Brunnen

Wie wäre es mit einer Pause?

«Jesus war müde von der Reise und setzte sich an den Brunnen.» (Joh 4,6)

Die Reise, auf der er war, war keine Ferienreise oder ein privater Ausflug. Es war eigentlich ein beruflicher Ortswechsel. Aus Judäa kommend führte ihn sein Weg nach Norden, nach Samaria und nun setzte er sich an den Brunnen in Sychar.

Lange konnte die Pause nicht gewesen sein, denn unmittelbar beginnt ein Gespräch zwischen Jesus und einer Bewohnerin der Stadt. Arbeitspsychologen würden die Pause vielleicht eine «Mikropause» nennen, ein kurzer Moment von ein paar Sekunden oder Minuten, in denen der Mensch aufatmen und sich entspannen kann. Unterdessen haben etliche Studien einwandfrei nachgewiesen, dass die Arbeitsleistung und die Arbeitsqualität wesentlich davon abhängen, ob arbeitende Menschen genügend Pausen machen. Ja, Pausen steigern die Quantität und Qualität der Arbeit, Angestellte machen weniger Unfälle und das Betriebsklima ist bei genügend Pausen besser. Arbeitgebende täten also gut daran zu kontrollieren, dass ihre Mitarbeitenden auch wirklich genügend Pausen einlegen.

Jesus war müde und setzte sich an den Brunnen.

Jesus wusste wohl nichts von diesen Studien, aber er holte sich diese Pausen. Er setzte sich in Sychar an den Brunnen und nach ereignisreichen Tagen am See Genezareth zog er sich mit seinen Jüngerinnen und Jüngern zurück, indem er mit dem Boot ans andere Ufer fuhr, oder er zog sich in die Wüste zurück, um zu beten. Er gönnte sich Mikro- und Makropausen, weil er sie brauchte, um seine Aufgabe zu erfüllen. Er schützte sich davor, auszubrennen und auszulaugen.

Wer in der Nachfolge Jesu lebt, täte deshalb vielleicht auch gut, sich bewusst Pausen zu gönnen. Jetzt beginnen bald die grossen Sommerferien. Im Idealfall nutzen wir sie zur Erholung, zur Entspannung, zum Ausgleich und um auf andere Gedanken zu kommen. Aber manchmal reichen auch ein paar wenige Tage oder Stunden oder sogar nur Minuten, um zu sich selbst und zu Ruhe zu finden.

Jesus war müde und setzte sich an den Brunnen.

An unserem Brunnen bei der Kirche Lerchenfeld sitzen oft Menschen, die sich eine Pause gönnen. Arbeiter essen ihr Picknick, Kinder spielen und Jugendliche chillen.

Als Kirchgemeinde Menschen Raum zu geben, damit sie sich erholen können, ist eine edle Sache.

Deshalb wünsche ich Ihnen für die kommenden Sommerwochen ausreichend Raum zur Erholung, seien es nun Mikro- oder Makropausen.

Sabine Wälchli, Pfarrerin

Zurück