21.03.2023
Ostern

Ostern

Ist es überhaupt möglich, angemessen von Ostern zu reden?

«Ist es überhaupt möglich, angemessen von Ostern zu reden? Ich habe unzählige Osterpredigten gehalten. Sie sind alle gescheitert, denn die Sprache bekommt Ostern nicht in den Griff. Die theologischen Begriffe, mit denen wir operieren, strahlen zwar Schönheit aus, sind trotzdem aber nicht fähig, das seinerzeitige Ostergeschehen hinlänglich zu klären, geschweige denn zu erklären. Das Scheitern der Osterpredigten war und ist unvermeidlich. Vielleicht macht gerade dieses Scheitern sie glaubwürdig?» (aus: Kurt Marti, Gott im Diesseits. Versuche zu verstehen. Stuttgart 2012, S. 87). Dass ausgerechnet Kurt Marti diese Worte verfasst hat, mag erstaunen. Er hatte die seltene Begabung, hochtheologische Gedanken so auf den Punkt zu bringen, dass sie lebendig wurden. Doch auf der anderen Seite erstaunt es mich auch nicht. Kurt Marti war schonungslos ehrlich und hat sich nie hinter Glaubenssätzen versteckt. Er hat Sollbruchstellen benannt. Und Ostern ist für mich so eine Sollbruchstelle. Ostern durchkreuzt alles, was wir an Lebenserfahrung und Lebenswahrheiten haben. Da kann unsere Sprache nur scheitern, wenn wir uns nicht mit Plattitüden begnügen wollen.

Dass unsere Sprache aber an Ostern scheitert, macht für mich gerade den Reiz aus, über Ostern zu reden. Es ist wie ein Spiel. Ein Spiel erhebt nicht den Anspruch, perfekt sein zu müssen. Ein Spiel ist ein vorläufiges Geschehen, dass zweckfrei ist. Es drückt Lebensfreude aus und setzt Kreativität frei. Wenn ich eine Osterpredigt als Spiel betrachte, ist es nicht weniger ernsthaft, im Gegenteil. Aber meine Osterpredigt braucht nicht alle Aspekte von Ostern zu umfassen. Sie muss auch nicht erklären, was im Grunde unerklärlich ist. Sie malt im besten Fall ein Bild davon, wie ich jetzt gerade Ostern verstehe – so bruchstückhaft und vorläufig es auch ist.

Damit tue ich nichts anderes, als Künstler es tun. Kein Künstler, keine Künstlerin erhebt den Anspruch, in einem Bild die ganze Wahrheit abzubilden. Jedes Bild ist eine Momentaufnahme, Bruchstück, Miniatur, im besten Fall eine kostbare.

Es ist ein Glücksfall, dass wir mit Elisabeth Zimmermann eine Künstlerin unter uns haben. Sie hat in mehreren Bildern ihre Zugänge zur Passion Jesu und Ostern ausgedrückt. Bis Ostern sind die Passionsbilder im Gemeindesaal zu besichtigen, ab Ostern hängen die Osterbilder an den Wänden. Weitere werden folgen.

Mir geben die Bilder Anstösse, das Ostergeschehen durch ihre Augen zu sehen. Danke, Elisabeth, dass Du uns an Deinen Zugängen zu Ostern teilhaben lässt.

Denn:   «Leichter wäre es, von Gott zu schweigen, als von ihm zu reden. Wer schweigt, blamiert sich nicht. Wer schweigt, ist nicht angreifbar. Wer schweigt, scheint weise zu sein... Von Gott reden, wie von ihm wohl geredet werden müsste, ist unmöglich. Noch unmöglicher aber ist es, nicht von ihm zu reden.» (aus: a.a.O., S.27f)

Sabine Wälchli, Pfarrerin

zurück